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Thomas Hartwig: Die Armenierin


›Vielleicht muss man mit dem Tod verbrüdert sein, um das Leben doppelt zu leben.‹ [S. 717]


Sofort sticht die elegante Konstruktion des Erzählers in der kurzen Rahmenhandlung ins Ohr und verleiht der Erzählung starke Authentizität und Glaubwürdigkeit: ein zerrissenes Manuskript, hat der ursprüngliche Dr. Wegner es doch fertig geschrieben?

In direktem Stil klar konturiere Figuren mit einer Sympathielenkung k´jenseits der Erzählstimme und des Üblichen bevölkern den Roman. Selbst der Erzähler ist mir unsympathisch, zu unentschlossen, zu zögerlich; er will die Geliebte kennenlernen, ist aber nicht bereit etwas von sich Preis zu geben. Und trotzdem liest man weiter, denn wenn Konstantinopel anno 1915, wenn auch mit vielen und immergleichen Adjektiven zum Leben erweckt wird, taucht man in die Nebel des Goldenen Horns ein, eine Hommage an die Brücke von Orient und Okzident. Man ist drin! Bleibt der Erzähler: Hier müssen wir uns auf die Recherche des Autors verlassen, der den Nachlass gelesen, die Tagebücher analysiert hat und die Person gut kennt. Auch wenn Recherche nebensächlich daher kommen sollte, fällt bei manchen Dialogen die gekünstelte Sprache auf, um Redensarten der damaligen Zeit einzuflechten. Wem Story-Telling mehr liegt als Showing, dem sei das Buch wärmstens empfohlen, denn es schildert lebendig die Suche des Dr. Wegner nach seiner Geliebten, der Armenierin.

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